Psychisches Trauma

bedeutet so viel wie "seelische Wunde".

Fast jeder von uns hat Situationen erlebt, die ihn stark überfordert haben und/oder in welchen er große Angst hatte. Häufig wird - als Schutzstrategie - das ursprüngliche Geschehen verharmlost, vermieden oder nicht erinnert. Das Erlebte ist fragmentiert abgespeichert - man spricht von abgespaltenen Anteilen.

Wodurch entsteht ein Trauma?

Wodurch entsteht ein Trauma? Neben den allgemein bekannten Auslösern wie Unfällen, Naturkatastrophen, Verlust einer nahestehenden Person, Zeuge eines Unfalls oder von Gewalt, Erleben von Gewalt und Mißssbrauch, gibt es auch schwerwiegende Auswirkungen die vorgeburtlich sind (z.B. überlebter Abtreibungsversuch), die durch die Geburt entstanden sind oder die aus der Säuglings- und Kinderzeit stammen.

Welche Arten von Trauma gibt es?

Schocktrauma: Von dieser Art der Traumatisierung haben viele Menschen schon gehört. Es kann entstehen bei einem heftigen, plötzlichen, unerwarteten, einmaligen Ereignis. Dies kann ein Unfall, eine Naturkatastrophe, ein Gewalterlebnis, aber auch eine Operation, eine unerwartete Diagnose oder der plötzliche Verlust eines Menschen, Tieres oder Arbeitsplatzes sein.

Weniger bewusst ist vielen Menschen, dass bereits in der Kindheit Traumatisierungen entstehen können. Bei den Begriffen und deren Bedeutung gibt es Überschneidungen. 

Bindungstrauma bedeutet, dass ein Kind eine grundsätzliche Störung in der emotionalen Bindung an seine Eltern erlebt. Zu Auslösern für ein Bindungstrauma gehören neben Gewalt, Verlassenheit, Übergriffe (Missbrauch), Kontaktlosigkeit und Ablehnung  auch übermäßige Fürsorge, sich an das Kind klammern und es vereinnahmen. In dem Fall der Abhängigkeit eines Elternteils (meist der Mutter) bekommt das Kind nicht die elterliche Erlaubnis sich in die eigene Autonomie, in sein Ich zu entwickeln, sich von den Eltern zu lösen und eigene Entscheidungen zu treffen. In den Verhaltensweisen der Eltern zeigen sich in diesen Fällen meist eigene nicht verarbeitete Traumen. Diese bringen das Kind in Not, überfordern und hemmen es, anstatt es in ruhiger und beruhigender Stabilität in seiner Entwicklung und Selbstsicherheit zu unterstützen.

Trauma der Liebe (Prof. Dr. Franz Ruppert) bedeutet, dass ein Kind nicht die Liebe von den Eltern bekommt, die es für seine Entwicklung benötigt. (Dazu gehört z.B. das Kind ist nicht gewollt ist, wird früh fremdbetreut …)

Trauma der Identität (Prof. Dr. Franz Ruppert) bedeutet, das Kind muss eigene Bedürfnisse und eigenen Willen aufgeben, um mit einer Bindungsperson in Beziehung bleiben zu können. Z.B. Es darf sich nicht abgrenzen, muss sich mit einer Bindungsperson identifizieren …  

Entwicklungstrauma bedeutet, das Kind bekommt nicht das, was es für eine gesunde Entwicklung braucht. Z. B. die Eltern sind selbst zeitlich und arbeitsmäßig überlastet und das Kind ist sehr bemüht und fordert nicht, was es braucht, um für die Eltern keine Last zu sein.

Ein Existenztrauma (Prof. Dr. Franz Ruppert) kann entstehen, wenn ein Kind in eine lebensbedrohliche Situation kommt, der es hilflos ausgeliefert und in Todesangst ist. (Z.B. ein überlebter Abtreibungsversuch, todesbedrohliche Geburtskomplikationen, "fast" ertrinken ...)

Transgenerationales Trauma bedeutet, dass Traumatisierungen von Generation zu Generation weitergegeben werden. Dies kann über verschiedene „Kanäle“ geschehen. Z.B. auch über ein Trauma der Liebe, über ein Trauma bei der Bindung ... 

Wie entsteht ein Trauma?

Wenn die Emotionen zu intensiv sind (Dauer, Ausweglosigkeit oder Heftigkeit der Situation) und keine Regulation stattfindet, kommt es zu Stress- und Angstüberflutung und weiter zu Gefühlen von Hilflosigkeit, Machtlosigkeit bis hin zu Erstarrung, sich gelähmt fühlen und Einfrieren. Durch die Heftigkeit reagiert der Körper zum Schutz autonom und spaltet diese Anteile (Erfahrungen, Empfindungen, Gefühle) ab. Diese werden dann fragmentiert gespeichert.


Was kann Trauma bewirken?

Bestimmte Erfahrungen (Situationen, Gefühle, Reaktionen) werden überhaupt nicht oder nur nebulös erinnert, will man nicht erinnern, werden weggeschoben oder verharmlost (z.B. ich wurde zwar geschlagen, aber sonst hatte ich eine schöne Kindheit). Diese und weitere Strategien (Überlebensstrategien, Notfallstrategien) dienen als vermeintliche Schutz- und Notlösungen, die das Weiterleben und Funktionieren gewährleisten sollen. Diese Strategien bieten aber keine wirkliche, langfristige Lösung, sondern führen häufig zu sich wiederholenden Mustern und Blockaden. 

Ein nicht verarbeitetes Trauma bewirkt oft, dass man durch äußere oder innere Auslöser in ein Gefühl von Hilflosigkeit, Ausweglosigkeit, Erstarrung, Lähmung, Ohnmacht oder Eingefroren sein hineingleiten kann (Traumazustände).
Äußere Auslöser können sein: ein bestimmter Geruch, eine Bewegung, eine Situation, eine Person, ein Ort, ein Laut, ein Ton, eine Stimme oder Stimmlage  ... 
Innerer Auslöser können sein: eine Erinnerung, ein inneres Bild, ein innerer Zustand (Überforderung, Stress, Schlafmangel, Erschöpfung ...)

Beispiele für Auswirkungen von Trauma:

  • Man vermeidet (unbewusst) Situationen oder Beziehungen, die an die traumatische Erfahrung erinnern
  • Man ist (unbewusst) bemüht bestimmte Gefühle, Gedanken, Reaktionen zu unterdrücken, zu verbergen...
  • Man versteht eigene unerklärliche emotionale oder körperliche Reaktionen, Schmerzen... nicht
  • Man fühlt sich schnell angegriffen, falsch verstanden, ungerecht behandelt, überfordert, überrannt, hilflos...
  • Man ist mit eigenen überwältigenden Empfindungen beschäftigt
  • Man isoliert sich, um sich vor Auslösern von heftigen Empfindungen zu schützen
  • Bestimmten Situationen oder Beziehungen lösen heftige Wut, Schmerz, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Erstarrung oder Traurigkeit aus
  • Bestimmte Reaktionen oder Emotionen können nicht, oder nur bedingt gesteuert werden
  • In bestimmten Situationen oder Beziehungen greift man auf Überlebensstrategien zurück (Z.B.: Überanpassung; Aufgabe eigener Bedürfnisse; Ablenkung; sich in andere Welten flüchten - Bücher, Filme, soziale Medien, Spiele, Musik, Arbeit; Versuch der Kontrolle von anderen Menschen; Rückzug / Isolation; Vermeidung; (verbaler) Angriff...)

Mögliche Folgen

... von Spaltungen, Trauma und Überlebensmechanismen, sind Erschöpfung, Freudlosigkeit, Hilflosigkeit, verschiedenste Ängste, Vermeidung, Gefühle von Wertlosigkeit, Erstarrung und Ausgebrannt sein. Weitere Auswirkungen können Erfolglosigkeit im Beruf - trotz Talente und Begabungen, Beziehungsproblemen und emotionale Krisen sein. Auch körperlich stressbedingte oder unerklärbare Symptomatiken können Traumafolgen sein.